Botschaften

Gestern war der Israelische Gesandte Ilan Mor in der Uni. Die Uni und das AGK hatten zu einer kritischen Bestandsaufnahme anläßlich des 60. Geburtstag Israels eingeladen.

Wie kritisch eine Bestandsaufnahme durch einen Botschafter sein kann, kann sich sicher jeder denken. Es war eher eine, mit leicht kritischen Untertönen versetze Rede zur politischen Lage im Nahen Osten. Eine Verteidigungsrede. SCHADE.

Erstens, weil unnötig. Der größte Teil der anwesenden Studenten ist pro-Israel und hat einen recht guten Überblick über die politische Lage. Ich denke, dass eigentlich kaum einer die groben Linien in Israels Verteidigungspolitik bestreiten würde. Und Detailfragen lassen sich in einem solchen Forum eh nicht vernünftig diskutieren.

Zweitens: Israel ist mehr als nur der Konflikt mit den arabischen Nachbarn. Viele von uns versuchen gerade diese Reduzierung des Geburtstagskindes etwas entgegenzusetzen, in dem man über die vielen anderen Facetten Israels spricht. Eine kritische Bestandsaufnahme hätte durchaus viele andere Themen in den Vordergrund stellen können:

– Einwanderungspolitik

– Religion mit/gegen eine sekuläre Staatsordnung. Schafft Israel den Spagat?

– Verhältnis zur Diaspora

– Die immer größere Schlucht zwischen Reich und Arm. Sozialpolitik in Israel?

Ilan Mor hätte mit einer Ausweitung seiner Themen vielleicht einem interessierten Studentenkreis mehr bieten können, aber vielleicht ist es nach 25 Jahren als Diplomat für Israel tatsächlich so, dass die Verteidigung von Israels Verteidigunspolitik so in Fleisch und Blut übergegangen ist, dass man den Rest nicht mehr sieht, bzw. nicht erwartet, dass die Gesprächspartner mehr interessieren könnte?

Eine weitere Betrachtung findet Ihr bei Juval.

4 Comments

  1. Yoav Sapir

    Was mir hier auffällt, ist, dass hinter der Fassade von Vertrautheit etc., die seitens des AGK wohl ehrlich gemeint ist, viele und vor allem die wichtigeren unter den AGKlern nicht als israelische Bürger qualifizieren könnten (wenn sie es überhaupt wollten). Bekanntermaßen unterscheiden israelische Behörden auch bei der Behandlung von Ausländern zwischen “Geltungsjuden” mit grundsätzlichem, wenn auch (noch) nicht realisiertem Anspruch auf sofortige Einbürgerung und sonstigen (sprich: Nichtjuden, zumindest nach israelischem Recht). Jüdische Ausländer werden besser (v. a. höflicher) behandelt, dürfen länger als Touristen bleiben, erhalten ohne größere Schwierigkeiten Arbeitserlaubnisse erteilt und werden sozialrechtlich überprivilegiert – teils aus Zuneigung, teils weil sie sich ja sowieso jederzeit einbürgern lassen können. Nun trifft das wie gesagt auf das AGK – im Gegensatz zu anderen jüdischen Einrichtungen in Berlin – eigentlich nicht ganz zu. Ob das dem Botschafter bekannt war und ihn dazu bewogen hat, den AGKlern sein “Außenseiterstück” zu bieten?

  2. Adi

    ehrlich verstehe ich das nicht.

    das herr mor nicht ein liberaler jude ist, weiss ich. aber das tut auch nicht zur sache, da er kein religiöser repräsentant der orthodoxie aus israel ist. er ist politischer vertreter. und wenn es eine politische auseinandersetzung über einbürgerung/aliyah gibt, so muss er ggf. stellung nehmen.

    als vorstandsmitglied vonr arzenu (www.arzenu.de) kann ich dir aber sagen, dass wir durchaus die auseinandersetzung suchen und für eine gerechtere umsetzung des gründungsgedanken des staates eintreten.

  3. Yoav Sapir

    Du nimmst die Sache viel zu ernst bzw. korrekt als es in Israel Wirklichkeit ist. Eine (bald sehr, bald weniger wichtige) Rolle spielt hier die Gesinnung. Säkulare Israelis haben vielleicht sehr viel gegen die strenge Orthodoxie, aber die Reform verachten sie schlichtweg. Für die allermeisten gehören Reformjuden eigentlich zu den “Unserigen” dazu. Auch das Innenministerium ist kein Vertreter der Orthodoxie, hat sich aber aus “völkischen” Gründen immer wieder Reformübertritten entgegengesetzt.

    Mit anderen Worten: Ich habe nicht gemeint, dass der Botschafter an euch Kritik hätte üben wollen, indem er euch sein Außenseiterstück geboten hat, sondern nur die Hypothese aufgestellt, dass er euch aus Bauchgefühlen heraus so behandelt hat, weil ihm vielleicht zur Kenntnis gegeben worden ist, dass Leitung und Studentenschaft großteils nichtjüdisch geboren sind und zudem auf eine Art und Weise übergetreten sind, die säkulare Israelis oft für unwürdig halten.

  4. Adi

    jetzt habe ich dich verstanden und sehe, wo das missverständnis ist. die veranstaltung war in der uni und entsprechend waren 99% der teilnehmer an der veranstaltung studenten der uni in diesem sinne also außenseiter (der rest waren geiger-studenten).

    was ich bemängel ist, dass es sich dabei nicht um studenten irgendeiner uni handelt, sondern um studenten der jüdischen studien, studenten, die sich ernsthaft mit israel auseinandersetzen.

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