Kommenden Shabbat lesen wir den Wochenabschnitt Chukkat. Dieser Abschnitt markiert in fast dramatischer Deutlichkeit, dass ein Führungswechsel für die Kinder Israels anstand und auch unvermeidbar war. Aahron und Mirijam sterben und Moshe erfährt, dass er nicht das Land Kana’an wird betreten dürfen, sondern vorher sterben wird.
In meiner kurzen Betrachtung des Wochenabschnittes möchte ich auf den Tod Mirijams eingehen. Er wird nur in einem Nebensatz erwähnt: (Num 20.1)
ויבאו בני־ישראל כל־העדה מדבר־צן בחדש הראשון וישב העם בקדש ותמת שם מרים ותקבר שם׃
Und die Söhne Israel, die ganze Gemeinde, kamen in die Wüste Zin im ersten Monat; und das Volk blieb in Kadesch; und Mirjam starb dort und wurde dort begraben.
Auch in ihrem Tod und wie dieser geschildert wird, bleibt Mirijam ein besonderer Frauencharakter der Torah. Ihre Reputation beruht nich darin, dass sie die Frau von jemanden ist, oder die Mutter. Sie ist davon unabhängig – sie wird als eine Frau geschildert, die Führungsstärke hat und die Gemeinde motivieren kann, die mal rebellisch ist und auch für ihre Entscheidungen leiden muss. Alles tut sie jedoch nicht für ein bestimmtes Kind oder für sich selbst, sondern für das Volk. Ich denke, dass sie daher nicht zu unrecht in der jüdischen Tradition, begründet in Ex. 15.20, als Prophetin gilt.
Eine wichtige, weitere Assoziation, die neben der, der starke Frau, einem in den Sinn kommen kann/muss, ist “Wasser”: Mirijam ist die im Hintergrund wirkende Beschützerin von Moshe am Nil , sie feiert mit der Gemeinde am Schilfmeer und vor ihrem Tod wird das Ritual des reinen Wassers eingeführt. Aber noch viel deutlicher wird ihre Verbindung mit Wasser in Vers 20.2, also direkt nach ihrem Tod:
ולא־היה מים לעדה ויקהלו על־משה ועל־אהרן׃
Und es war kein Wasser da für die Gemeinde; da versammelten sie sich gegen Mose und gegen Aaron.
Da die beiden Episoden so unmittelbar aufeinander folgen, haben die Rabbinen den Verlust von Wasser für die Gemeinde mit dem Tod von Mirijam verbunden.
Eine Deutung dafür, dass die erste Generation der Israeliten nicht in das Land Kana’an einziehen durften ist, dass sie nichts aus dem zwischenzeitlich Geschehenen (d.h. seit dem Auszug aus Ägypten) gelernt hatten, dass sie sich nicht an den Worten von Moshe orientiert haben und immer wieder um Hilfe und Versorgung von Außen flehten. Ich überlege mir aber, ob dies nicht auch auf Moshe und Aahron zutrifft und darum die beiden ebenfalls in der Wüste sterben mussten. Direkt neben ihnen war eine Frau, die sich um das Wasser kümmerte, die damit umgehen konnte, aber sie haben es versäumt, von ihr zu lernen und/oder eine Nachfolgeregelung zu treffen.