ist den heut' schon ostern

eigentlich ist man ja hetzschriften gegenüber juden zu ostern gewohnt, immerhin haben wir ja damals jesus ermordet, aber der spiegel scheint mit seiner aktuellen ausgabe * aus dem rahmen fallen zu wollen und widmet sich in seinem titelthema der “demontage” eines irrglaubens, nähmlich, dass der monotheismus eine erfindung des judentums sei.

zunächst einmal: diese these ist nicht neue und auch keine sensation. so what? das die israeliten von den kulten und wertvorstellungen, die sie damals umgaben, dinge übernommen haben, oder bewusst das gegenteil eingeführt haben ist bekannt und zeigt eher, dass auch schon vor 3.000-4.000 jahren juden nicht auf einem anderen stern gelebt haben.

der artikel trägt also im wesentlichen unspektakuläre und wenig neue forschungsergebnisse von wissenschaftlern unterschiedlicher disziplinen zusammen und stellt sie recht stümperhaft und banal in eine, nach sensation gierende reihenfolge (gleich billiger produktionen für diverse tv-magazine).

soweit so schlecht, aber dann hat der autor angefangen, den artikel mit – in meinen augen antisemitischen – tiraden gegen juden zu füllen. welchen wissenschaftlichen, aufklärerischen nutzen hat z.B. das folgende, wenn man über die herkunft des monotheismus berichten möchte:

“In diesem dürsteren Tempel in Jerusalem […] liefen einst alle Fäden zusammen. Bärtige J***-Priester mit Kleidern, an denen blaue Kordeln hingen, liefen in den Gemäuern umher. Sie schlachteten Stiere. Bei einem der Riten benetzten sie ihre Ohrläppchen mit Widderblut. (S.114) Mit der Wahrheit nahmen es die bigotten Anhänger des Ewigen allerdings nicht so genau. Die Bibelmacher […] betrieben eine Retrojektion eigener Großmachtträume […] (S.115)” .

“Schließlich besiegelten die Priester den «Bund» mit Gott mit einem heiligen Akt, aus dem ebenfalls die Gewalt spricht. Sie beschnitten alle männlichen Säuglinge am achten Tag. Der Mohel nahm das Baby, rizte mit dem Fingernagel dessen Vorhaut ein und riss es ab – ein blutiges Attentat, das sich wie ein Mal in den Körper einbrannte (S. 116)[…] Es war eine Vaterreligion, die viele Zeichen von Schrecken und Gewalt trägt. Nun erst setzten die Priester[nach dem Exil in Babylon] auch jenes blutige Werk in Szene, das die jüdische Seele bis heute prägt. Die Beschneidung  […](S.123)”.

also zusammenfassend bedeutet dies, dass ein mann mit langem bart und krummer nase, blut vom letzten opfer (wahrscheinlich ein chrsitlicher säugling) an den händen die weltherrschaft anstrebt. und dass die juden bis heute verfolgt werden liegt an ihrer eigenen religion und dem festhalten an brutalen riten, der beschneidung. da kann die seele doch nur von gewalt geknechtet sein.

zusammen mit den bildern des artikels erfährt der leser recht klar, dass es jüdische priester waren, die mit aller gewalt den monotheismus gegen einen demokratischen götterhimmel durchgesetzt haben, von geschichtsfälschung bis hin zum mord. wir juden haben dem abendland durch die übernahme der monotheistischen idee 3.000 jahre religionskriege und islamistische selbstmordattentäter (bild seite 116) geschenkt.

der artikel beweisst einmal mehr, wie wenig selbstkritisch die angebliche linke in deutschland in bezug auf israel und judentum ist und wie stark in ihr alte, antisemitische ideen verhaftet sind. dass die spiegel-redaktion nicht eingegriffen hat, bringt in erschreckender deutlichkeit zu tage, dass dumme und gefährliche stereotypen immer weiter aus den extremistischen lagern in das gesellschaftliche mainstream eindrinken können, ohne dass jemand aufschreit.

nun, dann können wir uns ja alle schon einmal auf die artikel zu ostern freuen, wenn herr schulz beweisen wird, dass die juden jesus ermordet haben …

[ * Der Spiegel, Ausgabe 52/22.12.06, Seite 112, Autor: Matthias Schulz]

zum gleichen thema gibt es auch einen artikel auf:
chaims blog
die achse des guten.

2 Comments

  1. Anna

    Wenn es keine Katastrophen zu berichten gibt, dann wird bei solchen Blättern eben Religionen-Bashing betrieben. Meistens ist es die kath. Kirche, diesmal ist es halt das Judentum. Ich würde den Artikel gern genüßlich auf meinem Blog zerpflücken, werde aber keinen müden Cent daran hängen, dieses “Magazin” auch noch zu kaufen.

    Anna

  2. Miriam Woelke

    B”H

    Ich habe ausser Deinem Beitrag gerade auf Chaims Site mehr Details aus besagtem Artikel gelesen.

    Der SPIEGEL ist noch nie realistisch mit der juedischen Religion umgegangen. Es gab schon unzaehlige Artikel, wo Haarstraeubendes berichtet wurde. Geschichtlich war alles verdreht und vom religioesen Aspekt will ich erst gar nicht reden. Mit Journalismus hat das jedenfalls nichts mehr zu tun.
    Anstatt wenigstens einmal einen israel. Rabbiner als Auskunftsquelle miteinzubeziehen, schliesst der SPIEGEL lieber selbst obskure Schluesse. Aber Rabbiner kamen ja eh im SPIEGEL noch nie zu Wort.

    Der Redaktion Kommentare zu schreiben wird nichts nuetzen und so beschraenke ich mich darauf, den Artikel erst gar nicht zu lesen.

    Miriam

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