vergangene woche war in berlin ein neues projekt zu hören: klangtrialog.
die musiker Mimi Sheffer (Gesang), Nasser Fakhri (Gesang), Christian Hagitte (Orgel), Salim Saroueh (Violine) und für Percussion Süleyman Celik verbanden liturgische musik aus dem islam, dem christentum und dem judentum zu einem, gemeinsamen konzert. gerstern abend war ich in der kaiser wilhelm gedächtniskriche und schaute mir dieses experiment an.
grundsätzlich muss ich sagen, dass es gelungen ist und musik wirklich ein träger für den gemeinsamen dialog / trialog sein kann. sehr gelungen waren der auftakt und das ende des konzertes. in der mitte gab es für meinen hörgenuss einige schwächen. zum auftakt “ruf zum gottesdienst” läuteten die glocken der kirche, der ruf des muezzin wurde von nasser fakhir gesungen und mimi sheffer rundete den beginn mit dem jüdischen gegenstück, dem “barechu” und variationen des “shmah israel” ab.
chayim beschrieb den abend mit “gewaltig”. eine sehr treffende beschreibung. gewaltig, da kraftvoll und erfolgreich bei der erreichung des selbstgesteckten zieles, aber auch das eine oder andere mal schwer auszuhalten. nicht alle lieder der zusammenstellung passten zueinander und hamonisierten. man musste das eine oder andere, insbesondere die orgel-improvisationen aushalten. vergleichbar einem echten trialog, in dem man die beiträge des gegenüber manchmal einfach so stehen und wirken lassen muss.
schade fand ich, dass es keinen christlichen sänger im team gab; dass mimi sheffer hier “einspringen” konnte war zwar schön, aber verwischte ein wenig die positionen. spätestens beim birkat cohanim, dem priestersegen wäre aus dem jüdisch-muslimischen dialog ein trialog in gesangsform geworden, wenn hier ein dritter, christlicher sänger greifbar gewesen wäre, denn dieser segen – so habe ich gestern gelernt – hat in allen drei religionen eine liturgische bedeutung.
sehr versöhnlich war am ende ein arabisches gedichte, bei dem alle künstler noch einmal musikalisch in erscheinung treten konnten. wahrscheinlich gehen die 5 künstler mit dem programm noch ein wenig auf tour. wenn der klangtrialog in eure stadt kommt, geht hin …
infos unter: http://www.spielkunst-berlin.de/klangtrialog.htm
Ich hatte auch vor, zu dem Konzert zu kommen, aber wegen des BVG-Streiks hat es nicht geklappt. Das Konzert ist eine Woche vorher schon im Französichen Dom aufgeführt worden. In einer Konzertkritik habe ich gelesen, daß Mimi Sheffer das Lied “o Haupt voll Blut und Wunden” gesungen habe. Das finde ich schon sehr grenzwertig, denn in diesem Lied heißt es:
Der vollständige Liedtext steht hier:
http://www.musicanet.org/robokopp/Lieder/ohauptvo.html
Ja, sie hat es gesungen und du hast recht, es ist nicht unproblematisch. das ist es, was ich damit meinte, dass positionen/grenzen verschwimmen.
ich kann nicht wirklich etwas zu der theologischen aussage des gebetes sagen, aber es klingt ein wenig nach der “selbstverfluchung” der juden im NT. es könnte aber auch einfach das gebet eines christen sein.
ich denke aber, dass es zu kunst und ihrem umgang mit schwierigen themen gehört, auch grenzen zu überschreiten.
Es ist genau so, die Künstler müßen manchmal die Grenzen überschreiten weil sie Künstler sind, und was manchmal Künstler an einem Abend erreichen, ist mehr als was Politiker in 10 Jahren zu Stande bringen
Salim Saroueh
Der Geiger vom Klangtrialog