gibt es eine besondere verantwortung für jüdinnen und juden?
gibt es eine besondere verantwortung für mich, den rabbinerstudenten und zukünftigen rabbiner? gibt es eine besondere verantwortung für “dich”, als gemeindemitglied? als einfacher jude auf der straße?
lösen wir uns zunächst von der abstrakten fragestellung und schauen doch mal ganz vorsichtig auf das, , was ich hier in meinem blog schreiben kann und was nicht? mein blog ist zwar meine privatveranstaltung und keine öffentlichkeitsarbeit für das geiger kolleg, aber trotzdem gibt es eine verbindung zwischen beiden. meine kristische begleitung der jüdischen sozialdemokraten z.b. wurde durchaus als eine politische meinungsäußerung von mir bewertet. und es bleibt die frage, ob ein rabbiner keine politische meinung haben darf? oder vielleicht keine außerhalb des “jüdischen systems”, den dass ich bei arzenu aktiv bin, ist ja gerne gesehen (auch wenn die zielsetzung vielleicht umstritten ist)?
auch kommentare “als rabbiner kannst du das aber nicht sagen” sind mir nicht fremd und natürlich respektiere ich solche hinweise. aber, darf ich nicht z.b. verständnis für etwas zeigen, auch wenn ich es nicht teile? und zu welchem zeitpunkt wird der respekt für eine person mit einer solidarisierung und gleichsetzung in einen topf geworfen?
jüdisch sein, lehrt uns, den menschen hinter dem äußeren, der oberflächlichkeit wahrzunehmen. wir sind schnell bei der sache, wie z.b. unsere stammmutter Leah, auf grund ihrer “blöden augen” in eine ecke zu schieben. leah stempeln wir schnell auf grund der beschreibung in der torah ab, ohne zwischen den zeilen zu lesen, ohne uns näher mit ihr zu betrachten. sonst könnten wir entdecken, dass sie ein wunderbares beispiel für eine frau ist, die eine besondere beziehung zu G’tt pflegen konnte. eine frau, die uns zeigen kann, dass gebete erhört werden können. sie ist ein vorbild für spiritualität.
einem midrasch zu folge (quelle folgt) wusste sie bei der schwangerschaft von dinah, dass sie eigentlich einen weiteren sohn gebären sollte. sie sah aber voraus, dass ja’akov nur 12 söhne haben wird und ein weiterer sohn aus ihrem schoß hätte zur folge gehabt, dass rachel nur einen sohn hätte bekommen dürfen und damit anzahlmäßig noch unter den mägden gestanden hätte. dies wollte die große schwester der kleinen nicht antun. daher betete sie für eine “wandlung” des kindes von einem sohn zu einer tochter. mit hilfe des midrasches sehen wir ein stück mehr von ihr. wir sehen eine frau, die verantwortung für ihre familie übernommen hat. ihre hoffnung, mit jedem sohn ein größeren anteil von ja’akovs liebe zu bekommen, hat sie für die Würde ihrer schwester geopfert. dafür gebührt ihr respekt.
ja, ich glaube, dass es eine besondere verantwortung für uns jüdinnen und juden gibt. wir müssen im besonderen nach unseren nächsten schauen. innerjüdisch, jüdisch-nach-außen und ohne zu schauen, ob unser nächster jüdisch ist oder nicht. die torah lehrt uns, dass judentum mehr ist, als nur das passive befolgen von mitzwot, sondern vor allem das ethische handeln. für mich bedeutet das z.b., dass ich hier vieles in meinem blog schreiben kann, aber auf keinen fall jemanden die würde nehmen darf. manchmal ist das schwer, aber es ist ja auch eine besondere verantwortung.
shabbat shalom
Wie Recht du doch hast… Danke.
Hi,
mich wuerde die Quelle fuer den Midrash interessieren- interessanter link zur Talmudstelle (das genaue Blatt guck ich nach, versprochen) zu den gefaelligen Gebeten waehrend der Schwangerschaft. Zum Grundtenor des Beitrages kann ich nur sagen, dass Hillel die Frage der Verantwortung einer/s jeden in der Gesellschaft schon treffend auf den Punkt gebracht hat: “Wenn ich nur fuer mich bin, was bin ich?”
Hallo Adi,
das ist ja ein ganz toller Blog, den du hier veröffentlichst. Leider finde ich keine andere Möglichkeit, dir eine E-Mail zu schreiben, als einen Kommentar hinzuzufügen. Ich wollte dich bitten, ob du in deinem Blog auf des Limmud.de Festival 2009 aufmerksam machen könntest. Einen Banner zum Einbinden in deine Blog findest du auf der limmud-Site.
Herzliche Grüße aus Bad Segeberg/Hamburg,
Frauke