südafrika

so langsam muss ich mal anfangen, mich an meinen bericht über südafrika zu machen. immerhin bin ich genau vor über einer woche wieder zurückgekommen und es besteht die gefahr, das eine oder andere zu vergessen.  es war eine der spektakulärsten reisen, die ich bisher machen konnte. nicht zuletzt habe ich dies einer einmaligen natur zu verdanken.

anlass für die reise war das praktikum in der jüdischen gemeinde bet david im norden von johannesburg. da ich aber die finazierung (d.h. flug etc) im wesentlichen selbst tragen musste, haben wir uns dann überlegt, das praktikum mit unserem jahresurlaub zu verbinden und aus den 10 tagen drei wochen zu machen und auch ein wenig durch das land zu reisen. so begann unsere reise in kapstadt, brachte uns an der küste entlang nach hermanus und später nach port elizabeth. von dort flogen wir nach johannesburg, zum ersten teil meines praktikums.

der aufenthalt in südafrika war geprägt durch die gegensätze, die das land zu bieten hat und so konfrontierte uns die landung in johannesburg mit der anderen realität dieses landes. sichtbare armut, ein schwieriges erbe, welches noch nicht auf allen schultern gleichmäßig verteilt ist, d.h. die schwarze bevölkerung trägt es im wesentlichen und daraus resultierend, der vielleicht prägnateste unterschied zu europa, war für mich “das leben hinter mauern”.

in johannesburg (inkl. der vororte) war es am auffallensten, das um jedes haus oder jede kleine siedlung eine hohe mauer ist, häufig mit einem elektrozaun oder laser. man geht hier nicht zu fuss, das ist (mehr oder wenig gefährlich). selbst an shabbat und auch an jom kippur fährt man mit dem auto in die synagoge (auch die orthodoxen, die in diesem land besonders orthodox sind/sein wollen). der schutz des lebens geht nun mal vor.in ein haus, oder häuserblock gelangt man nur, wenn man hereingelassen wird, oder über den entsprechenden code, bzw. fingerabdruck verfügt. zusätzlich sind alle zufahrten von wachen besetzt.

die sicherheitseinrichtungen scheinen ausschließlich dem schutz vor diebstahl zu dienen und nicht wie in israel, um anschläge zu verhindern. so wird man mit sicherheit schief angeschaut, wenn man dem sicherheitsmenschen am eingang des supermarktes die tasche zeigen würde 🙂

auch wenn die apartheit bis heute das gesicht des landes prägt, ist die auseinandersetzung damit wohl so schwierig wie die auseinandersetzung mit dem holocaust in deutschland, vor allem in den ersten jahren danach. ich will hier aber sehr vorsichtig mit meinem urteil sein, weil ich nur in einem kleinen kreis von menschen unterwegs war und sehr wenig von der auseinandersetzung überhaupt mitbekommen habe. selbst besucht habe ich das apartheitmuseum (vergleichbar dem holocaustmuseum in washington), das hector peterson museum, welches sich speziell den schüler und studenten widerständen in soweto widmet und soweto selbst.

leider sind mir einige weiße rassisten auf der reise begegnet, die ihr altes brett weiterhin vor dem kopf tragen und noch nicht einmal ein hehl daraus machen. so hält die besitzerin eines b&b in hazyview (http://www.places.co.za/html/10691.html) ihre schwarze bedienstete für “zu blöd”, eine waschmaschine bedienen zu können (ihr mann, der auf meine rückfrage hin, nie einen finger im haushalt krum macht und noch nie gewaschen hat, könnte dies aber jederzeit). und dies war nur eine der milderen äußerungen über schwarze in südafrika. andere weiße, waren noch nie in soweto und würden sich das auch nie anschauen usw.

die auseinandersetzung innerhalb der (liberalen) jüdischen gemeinden scheint dagegen größer und differenzierter zu verlaufen. bet david betreibt mehrere sozialprojekte für und in dem township alexandra und dies nicht erst seit dem ende der apartheit. es findet auch eine auseinandersetzung mit der “eigenen vergangenheit und dem eigenen profit” aus der unterdrückung der schwarzen statt. das juden nicht diskrimminiert wurden, liegt – so wie ich es verstanden habe – daran, dass zu beginn der apartheit, einige reiche juden sich (und allen anderen juden im land,) den status als weiße mehr oder weniger erkauft haben.

das land hat mehrere auswanderungswellen von juden erlebt, zu beginn der apartheit, während der verschiedenen aufstände und am ende der apartheit. alle auswanderungswellen waren ein guter indikator für einen anstehenden wechsel der piolitischen lage. inwieweit die letzte auswanderungswellle als ein zeichen für einen negativen umschwung zu bewerten ist, wird sich erst noch zeigen, die juden aber, die noch  im land sind, scheinen weniger pessimistisch in die zukunft zu schauen.

ich hatte schon geschrieben, dass mich am meisten innerhalb der jüdischen gemeinde die kontinuität der selbigen fasziniert hat. das es mehrere generationen an reformjuden gibt, die die gemeinden bilden. es gibt zwar auch wunden und einkerbungen in südafrika zu spüren, aber in keinem vergleich zu dem, was ich in deutschland, israel und den usa bisher erlebt habe. südafrika hat als enger verbündeter englands schon sehr früh die grenzen für deutsche bürger zu gemacht und damit auch für deutsche juden. ab der zweiten hälfte der 30er jahre war das land kein ziel mehr jüdischer flüchtlinge und während die vernichtungswelle über deutschland und europa rollte und danach ebenfalls.

die shoa wird, so wie ich es erlebt habe, viel mehr aus der distanz betrachtet und weniger aus eigener betroffenheit. es war ungewöhnlich (und befremdlich) für mich, dass zum kaddish die 6 millionen ermordeten juden nicht erwähnt werden, und das selbst zum jiskor an jom kippur, die erwähnung eher marginal von statten ging.  das lag übrigens nicht am gebetbuch. die gemeinde nutzte das amerikanische “gates of repentance”, welches einige sehr gute lesungen während des jiskors anbietet. es wurde “einfach” überblättert.

ich will diesen bericht aber jetzt nicht mit einem zu harten urteil ausklingen lassen. zum einen war ich zu kurz in südafrika, um wirklich ein urteil fällen zu können, ich habe mit zuwenig menschen gesprochen, zu wenig über die geschichte erfahren und und und. und vor allem stehen diesen beobachtungen wunderbare erlebnisse und begegnungen gegenüber. ich hatte die möglichkeit, tolle und engagierte menschen kennenzulernen. freundschaften haben sich gebildet und eine “kleine sehnsucht” nach einem land voller herausforderungen.


1 Comment

  1. annajuliana

    wow, das sind wahnsinnig tolle Bilder *Neid*

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