Category: Diskussion (Page 4 of 10)

es geht nicht um den konflikt selbst

stopp!!! ich kann diese propaganda nicht mehr hören und sehen. hunderte von kettenmails, pro-palästinensisch, pro-israelisch, pro und contra, rauf und runter, erreichen mich täglich. ich weiss nicht in welche verteiler ich geraten bin, aber es “kotzt” mich an.

ich habe meine eigene meinung zu diesem krieg und die behalte ich ganz einfach nur noch für mich. überhaupt würde ich mich am liebsten einigeln. klappe halten und abtauchen. fragen zum konflikt in und um gaza werden nicht mehr beantwortet. punkt aus basta. man sagt eh nur das falsche. bin ich dafür, bin ich ein kriegstreiber – bin ich dagegen, ein anti-zionist.  zu kritisch, zu wenig kritisch, zu was weiss ich nicht alles. ich behalte einfach meine meinung für mich.

was mich trotzdem davon abhält, ist eine diskussionswürdige aussage von rabbiner ben chorin, der in einer stellungnahme zur aktuellen lage in israel u.a. folgendes sagte: “wie bei so vielen konflikten die im nahen osten stattfinden, geht es nicht um den konflikt selbst, sondern um die frage, wie die welt israel wahrnimmt, bzw. gerne haben möchte”.

ich bin dieser these nachgegangen. provokativ gesagt bedeutet dies nämlich, dass den ganzen demonstranten, die für die hamas und die palästinenser auf die straße gehen, die toten im grunde genommen egal sind. bei all den propaganda-wellen, die mich erreichen, geht es demnach nicht um die menschen, die vor ort betroffen sind, sondern um eine zweite frontlinie.

außerhalb israels und des gaza streifens tobt eine zweite schlacht, die um das “richtige” bild über israel. auf der einen seite vernimmt man: “nur ein toter jude ist ein guter jude” (inkl. derjenigen, die juden lieber nur als opfer der shoah haben möchten und nun empört die handlungen israels verurteilen) und auf der anderen seite das ringen für den staat israel: als ein staat unter staaten anerkannt zu werden, ein ringen um das recht menschlicher entscheidungsfreiheit, d.h. entscheidungsfreiheit für “gut und böse”, jentseits von (vermeintlichen) ansprüchen nach moral anderer staaten und gut-menschen.

das schlimme an dieser schlacht ist, dass wir juden, die also, die für israel einstehen, diesen kampf nicht gewinnen können, da ein “sieg” die ethische verpflichtung “israels” (die söhne und töchter jakovs) für jeden menschen ausschließt. das streiten um die meinungshoheit über den stammtischen und auf den straßen, entpersonalisiert die opfer und macht sie zu objekten einer fragwürdigen auseinandersetzung.

ein krieg gegen die hamas zum schutz seiner bürger ist für den staat israel überlebensnotwendig, da bin ich mir zu diesem zeitpunkt sicher, ich sehe tatsächlich keine alternativen dazu. aber, als juden, ob nun in israel oder in der diaspora, sind wir daran gebunden, durch unsere geschichte, traditionen und werte – durch die torah, die propheten und unsere schriften –  jedem menschen, selbst unserem “feind”, seine menschlichkeit zu lassen.

so bleibe ich doch still in diesen wochen, wenn auch aus anderen gründen: ich mag und kann die opfer dieses krieges nicht für eine zweite auseinandersetzung erneut zwischen die frontlinien stellen. weder den toten palästinenser, noch die tote israelische soldatin, weder die kinder östlich, noch westlich der grenze zu gaza. ein krieg ist ein krieg und eignet sich nicht zu freudensausbrüchen und/oder “werbung” für sich zu betreiben.

Sprachlos

angesichts der lage in israel bin ich derzeit – wie sicherlich viele von euch auch – sprachlos. auf der einen seite schlägt in meiner brust ein herz, dass zu israel in guten wie in schlechten zeiten hält, auf der anderen seite bin ich nun mal auch ein hoffnungsvoller pazifist und jede kriegshandlung versetzt mich in einen schock.

ich bin nicht in israel und kann schlecht beurteilen, ob die handlungen israels gerechtfertigt sind, oder übertrieben. ich bin kein militätexperte oder -stratege um abschätzen zu können, ob es keine anderen mittel und wege gibt, der hamas einhalt zu gebieten. ich denke jedoch, dass in der vergangenheit zu viele fehler gemacht wurden und wahrscheinlich der handlungsspielraum so eng wurde, dass es nun zu einem erneuten krieg gekommen ist. wir können nur hoffen und beten, dass wir später, rückblickend, keinen erneuten fehler in dem jetzigen vorgehen erkennen werden.

möge 2009 ein jahr werden, in der die weltgemeinschaft erkennt, dass israel und die region mehr benötigt als lippenbekenntnisse. israel darf nicht zum testfall für einen noch größeren konflikt mit dem iran werden. mögen die klaren worte von angela merkel nicht im allgemeinen EU-bürokratismus und hamasfreundlichen-gehabe untergehen, sondern einen neuen weg einer eu-friedenspolitik beschreiben. möge 2009 in diesem sinne nicht in sprachlosigkeit beginnen, wie 2008 leider endet.

Let's make a Hanukah miracle

arzenu – Deutschland e.V. unterstützt eine wichtige Petition des IRAC (Israel Religious Action Center) zur Anerkennung von ReformrabbinerInnen in Israel. Nicht nur als Mitglied von arzenu, sondern auch als progressiver Jude ist mir diese Aktion sehr wichtig und ich bitte Euch, die Petition zu unterzeichnen. Link und weitere Informationen findet Ihr nachfolgend:

Hintergrund:
Rabbinerin Miri Gold
ist seit ihrer Ordination durch das Hebrew Union College im Jahr 1999 als Rabbinerin in der Gemeinde Birkat Shalom im Kibbutz Gezer tätig. Es gibt auf dem Gebiet des Regional Council 16 andere Rabbiner, die vom Staat ihr Gehalt erhalten. Rabbinerin Miri Gold, die für eie ganze Region zuständig ist, wird nicht durch den Staat annerkannt, da sie eine Reformrabbinerin ist. Unter den Tausenden von Rabbinern, die vom Staat anerkannt werden, befindet sich nicht ein einziger Reformrabbiner.

Im Jahre 2005 hat die Israelische Reformbewegung (Israel Movement for Progessive Judaism) durch das IRAC eine Petition an das Oberste Gericht in Israel gerichtet, in der die Annerkennung von Rabbinerin Miri Gold gefordert wird. Das Gericht hat den Staat dazu aufgefordert, die Kriterien für die Annerkennung von Rabbinern darzulegen. Bis heute hat der Staat darauf nicht geantwortet. IRAC hoffte, dass der Staat nun gleichberechtigte und gerechte Kriterien veröffentlichen wird, wie sie auch vom Obersten Gericht gefordert werden.

Auch wir sind jüdisch – auch wir haben ein Recht auf unsere Rabbiner!
Macht Euch stark für einen Wandel – Macht Euch stark für staatliche Annerkennung in Israel!

HIER GEHT ES ZUR PETITION: www.irac.org

Happy Chanukka

Kostja hat mir gerade eben ein Video auf YouTube gezeigt, den ich unbedingt und sofort mit Euch teilen muss. Euch allen wünsche ich Happy Chanukka, viele Sufganiot und Latkes, 8 große Geschenke und und und.

[youtube=http://de.youtube.com/watch?v=XD15UtTOomQ]

enttäuschung – oder: sie sind doch da, die nazis

gestern abend war ich als referent gast auf einer veranstaltung der rosa luxemburg stiftung in jena. vor rund 50 teilnehmern diskutierte ich mit frau professor ilse nagelschmidt über jüdisches leben in deutschland und die verantwortung von religionen für die gesellschaft. für mich war es eine spannende erfahrung, da ich zum ersten mal, als rabbinerstudent in einer solchen veranstaltung vorne gesessen habe – frei, ohne skript, ohne vorherigen fahrplan, ohne feste themenvorgabe. gefragt war die persönliche, subjektive einschätzung in einem angenehmen gespräch mit meiner dialogpartnerin und den höchst unterschiedlichen teilnehmerInnen.

ich habe versucht darzustellen, dass ein religiöses leben, in meinem fall ein jüdisch religiöses leben, ein wichtiger und wertvoller beitrag im rahmen eines gesellschafts(politischen) engagement sein kann und auch ist. das religion nicht in hinterhöfe oder keller gehört, sondern in die öffentlichkeit, da nur hier vorurteile (und zwar auf beiden seiten) sichtbar werden und abgebaut werden. mir war wichtig, aufzuzeigen, dass jüdisches leben in deutschland, mit der zuwanderung aus den FSU staaten, eine große bereicherung für deutschland im ganzen, und nicht nur für die gemeinden im einzelnen war und ist. jüdisches leben ist dadurch viel präsenter und lebendiger geworden. es geht nicht nur noch darum (ich zitiere hier herrn olmer aus bamberg), friedhofsverwalter zu sein, sondern aktiv jüdisches leben zu gestalten. durch jüdische mitglieder in den gemeinden und durch die mehrheitsgesellschaft, also jeden einzelnen bürger in deutschland.

leider – und hiermit komme ich auf den vorfall zu sprechen, den ich durch die überschrift angedeutet habe – meinen einige bürger dieses landes, dass sie jüdisches leben durch sehr üble art mitgestalten können. unweit von jena haben sich in der letzten nacht zwei vorfälle ereignet, die mir heute morgen, bei meinem besuch in der synagoge, vom gemeindevorsitzenden berichtet wurden. nazis haben in der nacht zwei jüdische friedhöfe geschändet. in gotha in besonders perverser weise durch das anbringen eines schweinekopfes an der zugangspforte.

gestern abend wurde ich gefragt, warum synagogen bewacht werden müssen. leider hat die realität die passende antwort dazu gegeben.

so bleibt die bilanz meines “ausfluges” nach thürigen keine ungetrübte. auf der einen seite menschen, die – vor allem nach dem todschweigen eines jüdischen lebens in der ddr  – ihren hunger nach informationen ernsthaft stillen und sich für ein pluralistisches miteinander einsetzen und einer kleinen jüdischen gemeinde, die in einem plattenbau jüdisches erbe nicht nur als erinnerung versteht, sondern als baustein für eine zukunft. und auf der anderen seite, faschisten, die durch feige anschläge sämtliche bemühungen um eine positiv geprägtes miteinander auf eine probe stellen. ( mal schauen, ob die nächste montagsdemo, die jede woche in jena stattfindet, mal nicht gegen hartzIV gerichtet sein wird, sondern für ein lebendiges, jüdisches leben in deutschland. eine gerechte gesellschaft beginnt nicht bei hartz IV, sondern weit davor.)

p.s. die bild zeitung berichtete übrigens als erste inländische zeitung von der friedhofsschändung.

Bild Thüringen vom 18.11.2008 - Thüringen Seite

Bild Thüringen vom 18.11.2008 - Thüringen Seite

Zu Diensten

ein artikel von micha guttmann in der jüdischen allgemeinen vom 16.10. [hier] habe ich die tage mal mit meinem eintrag vom letzten jahr verglich und erneut – nach einem jahr praktischer erfahrung in meinen gemeinden – darüber nachgedacht, wie/ und ob sich mein bild vom rabbinerberuf verändert hat:

die antwort lautet, wie sollte man es anders von mir erwarten: JAIN. noch immer sehe ich die notwenigkeit, dass rabbiner in deutschland ausgebildet werden müssen, um für die hiesigen gemeinden einen guten dienst leisten zu können. auch wenn herr guttmann es nicht explizit so sagt, denke ich, dass er die ausbildung in deutschland positiv bewertet und mit dem verweiss, dass nun auch rabbiner bereit sein, in deutschland tätig zu sein, nicht nur auf “importe” beschränkt.

das problem, die fehlende “unternehmenskultur”, wenn wir die tätigkeit eines rabbiners in einer gemeinde mit einer regulären tätigkeit in einem x-beliebigen unternehmen gleichsetzen wollen, sehe ich auch z.t. so. es gibt einige gemeinden, die keine erfahrungen mit regelmäßigen rabbinerbesuchen, geschweige denn, fest angestellten rabbinern kennen und ein neuland betreten. aber, genau auf diese tatsache verweise ich auch, wenn ich eine ausbildung von rabbinern in deutschland verweise und als dringend erforderlich bezeichne. es ist teil der ausbildung, gemeinden auch in diesem, für sie neuem feld, zu begleiten. der auf- und ausbau von gemeinden ist grundlage der ganzen ausbildung.

ich werde häufig gefragt, warum ich nicht die ausbildung z.b. am hebrew union college in den usa mache. ganz klar, weil ich kein rabbiner in den usa werden will. die ausbildung in den usa geht davon aus, in gemeinden tätig zu sein, die gefestigte strukturen haben, die organisch gewachsen sind und und und. probleme (und das ist jetzt vielleicht überspitzt formuliert), die in den dortigen gemeinden bewältigt werden müssen, sind eher in der erneuerung des bisherigen gemeindelebens zu suchen. “wie schaffe ich es, reform nicht zu reformodox werden zu lassen”, und mit sicherheit vergleichbar in der orthodoxie.

hier in deutschland ist die welt eine andere. ich wäre glücklich, bestehende strukturen vorzufinden und nur erneuern zu dürfen. minhagim entwickeln sich erst und so ist eine rabbinerin, ein rabbiner ein begleiter in diesem prozess. gegenüber früher würde ich heute noch viel mehr unterstreichen, dass dieser begeleitprozess die wichtigste aufgabe ist. die kompetenz ist in den gemeinden, das potential, ein vielfälltiges gemeindeleben, auch in religiöser hinsicht, zu entwickeln ist vorhanden.

eine rabbinerin oder ein rabbiner, der versucht, “alleinunterhalter” zu sein, wird meines erachtens über kurz oder lang seine gemeinde verlieren und es wird zu eben jenen arbeitsgerichtsprozessen kommen, von den wir leider immer wieder hören. auf den ersten blick würde ich micha guttmann schnell zustimmend zunicken, wenn er schreibt, dass die religiöse ausrichtung der gemeinde kongruend zum rabbiner sein sollte und muss. “ja und nein” nach längerem überlegen. die deutsche situation ist nun mal, dass in den meißten orten nur eine gemeinde vorhanden ist. ein rabbiner muss mit dieser situation umgehen können und nicht versuchen, die gemeinde einseitig zu prägen. respekt ist das zauberwort 🙂 ich als liberaler, muss es zulassen können, dass orthodoxe nach ihrer tradition beten wollen (als beispiel). wenn ich es vertreten kann, dann leite ich diese gebete, wenn nicht, muss sich jemand von “den orthodoxen” betern bereit erklären, diese aufgabe zu übernehmen. noch einmal, die kompetenz ist mit sicherheit vorhanden und der rabbiner muss dieser möglichkeit offen gegenüberstehen und sie positiv begeliten.

es mag idealistisch klingen, aber optimismus und idealismus ist ein teil unserer jüdisch-deutschen realität und vielleicht das andere zauberwort. meine erfahrungen machen mut zu mehr …

(update folgt bestimmt)

Können Religionen politische Vernunft befördern?

Kommenden Montag bin ich zu einem Vortrag in Jena eingeladen. Wer sich also in der Region aufhält, ist herzlich eingeladen mitzudiskutieren:

Weltreligionen und Weltpolitik. Judentum, Christentum, Islam: Können Religionen politische Vernunft befördern?
Was ist „vernünftige“ Politik? Können sich Religionen „erneuern“? Wie gefährlich sind Fundamentalismen in Politik und Religion? – Der Referent wird am 1999 gegründeten Abraham-Geiger-Kolleg ausgebildet. Das Seminar gilt als Ausbildungsstätte des liberalen, nicht-orthodoxen Judentums.
Moderation: Prof. Dr. Ilse Nagelschmidt (Leipzig)
gemeinsam mit dem Jenaer Interessenzirkel „Judentum“
strong>Termin: 17.11.08 – 19:00 Uhr
Ort: Gemeindezentrum Lutherhaus, Friedrich-Engels-Straße 7, 07749 Jena
Region: Thüringen
Kontakt: RLS Thüringen, Tel:03641 449432, Fax:03641 426553

Eine Veranstaltung des Jenaer Interessenzirkel „Judentum“ und der Rosa Luxemburg Stiftung

Meeting With Dani

Nicht nur mangels Zeit, einen eigenen Artikel zu schreiben, sondern weil mich die Autorin auf der Konferenz in Zypern sehr beeindruckt hat, möchte ich Euch einen Artikel von ihr aus dem Washington Report on Middle East Affairs (April 2003, pages 9, 45) weiterleiten, den ich ebenfalls für bemerkenswert halte. Er beschreibt ein wenig die Stimmung der Konferenz:

Meeting With Dani
By Samah Jabr

We humans often ignore our inner voice, and too frequently fail to amplify the whispered admonitions of our conscience so that others can hear them as well. Indeed,we too rarely avail ourselves of the opportunity to liberate our souls in this fashion, while our physical beings remain enslaved and incapacitated by oppression, power, temptation, fear or anger.
When we shut our hearts and close our ears to that inner voice, and to each other, we deny ourselves such essential human qualities as beauty, kindness, truth and goodness.
It wasn’t easy for me to meet Dani, a middle-aged Israeli man who introduced himself as a former Israeli soldier, in the midst of a group of Israelis and Palestinians gathered in the ‘Dutch’ Christian ecumenical village of Nes Ammim (tucked between the Palestinian village of Al-Mazra’a and the Jewish Israeli towns of Naharia and Carmiel in the northern Galilee. We had gathered there to discuss the lives we lead as Muslims, Christians and Jews in a state of severe political conflict.
Dani pointed at me and loudly declared: “Samah looks familiar to me. I served at the Bethlehem checkpoint months ago and I recognize her from there.” He then added, “I come to meet the Palestinians on an equal footing.”
Dani’s words left me cold. As an anti-occupation activist, I am critical of Israeli leftists whose Zionist principles presuppose the exploitation of another group and who fail to condemn, on ethical or moral grounds, the Israeli occupation forces, which commanded and shaped so much of Dani’s life and being.
Although our eyes often met while we were helping ourselves to meals, attending common lectures, or wandering along the shady lanes of Nes Ammin village, I avoided Dani as I would have were he still in uniform.
Near the end of our weekend encounter, the whole group played the Fish Bowl game, in which two people meet and exchange thoughts and feelings before the group at large. The discussion about a peaceful solution brought me to the center of the group. Before I could speak about my vision of peace, however, I was paired with Dani. The big, tall, bald man came to the chair opposite mine, looked me in the eye and said in a blunt, manly way,: “I was an IDF soldier, I served in the Palestinian territories and shot at, and maybe killed, Palestinians. What do you feel about me?”
I am used to being asked what I think, what I envision, how I explain things, but I really did not expect to be asked how I feel, especially about such a painful and highly-charged revelation as Dani’s. I didn’t know at that moment whether he was challenging me to a fight or offering reconciliation. All that came to my mind were the endless reflexive images of cold death and bitter humiliation sparked in my mind by the very mention of the IDF.
“Anger is what I feel about you,” I finally replied, trying to give the briefest possible answer.
“I understand your anger,” said Dani , and went on to express his regret at having served in the IDF and his disgust at their practices. He said that he was haunted by guilt and that he loses sleep because of memories from the time he served in Gaza and the West Bank. He spoke of horrible acts he and his colleagues committed against Palestinians, and then of a sudden awakening he experienced that brings him to such encounters in the hope of reconciling his feelings with himself and with others.
I remember talking to the politically conservative, ultra-Zionist, Yeshiva students of New York City’s Washington Heights, and listening to an interview with an Israeli/ South African soldier who participated in, and spoke defensively about, the Jenin war crimes of last April—an interview which was broadcast on South African national TV. Both experiences were much easier than listening to Dani’s emotional confession.
Here is an Israeli to the bone, an older man, born in the conservative Gush Etzion settlement, and brought up to hate and dehumanize Palestinians, speaking of his psychological transformation.
Although my anger with him and hatred of what he had done did not vanish, I was amazed at his ability to let his inner self, his better self, speak out. Dani spoke courageously of his mistakes, despite the risks: the possible agitated Palestinian reaction and the certain Israeli embarrassment at such a voluntary and scandalous exposure of its occupation policies. That embarrassment was laid bare when Dani, the former Israeli soldier, concluded that had he been born among “the other people” he would be doing what the Palestinians are doing now.
When Dani’s chair finally was occupied by another person, the classic question about forgiveness came up. “Samah, now that you’ve heard what Dani has to say, do you forgive the Israelis for what they’ve done and are you willing to live in peace with them?”
“It is too soon to talk of forgiveness when the occupation is still oppressing all of us,” I replied. “If I am ever able to forgive, I’ll forgive what I personally have suffered—I can never offer my forgiveness on behalf of other Palestinians.”
A German Lutheran minister smiled at me and said: “Samah, you are very Jewish!”
When it was time to depart, Dani told me that the other Jewish Israeli participants, who had presented themselves as more liberal than he, were angry with him for his confession. He gave me his business card and told me that he was an occupational therapist and a writer. Like my parents, he is a father of five girls and one boy. I had to wonder why he had not stated that at the beginning. I appreciated that, unlike many “dovish” Israelis, he did not hide his military involvement behind a humanist profession and lifestyle and pretend to be a safe friend.
The Nes Ammim encounter was soon over, and we all went back to our real, and profoundly unequal, lives. As I go about my hard life, struggling for a future as a Palestinian in my occupied country, I know that I will never feel less anger and hatred at what Dani had done, and what is still being done to my people. But I know the feelings of rejection and estrangement Dani must be experiencing, the brave yet painful isolation familiar to all who speak their hearts and say what is true, rather than what would please and appease others. In that sense, Dani and I have unintentionally agreed on a moral premise, and could be equal partners in that stand.
Reconciling the contradictory parts of one’s self and achieving inner peace is the first step of the long journey toward realizing peace and reconciliation on a much more external and more inclusive scope. Dani gives me hope—and that awareness, at this point in my people’s history, is all that I can give him in return.
Samah Jabr is a medical resident in her native city of Jerusalem.

Identitaetswirrwarr

oder wer bin ich eigentlich.

diese und andere überschriften gingen mir seit tagen durch den kopf, wann immer ich daran dachte, meinen dritten bericht zur tagung in zypern zu schreiben. gemein mit den beiden vorherigen artikeln ist auch in diesem artikel eine wesentliche fragestellung, die nach der identität. doch in diesem fall möchte ich die den scheinwerfer auf die jüdischen teilnehmer richten.

dass auch mein dritter bericht wieder die frage der identität beleuchtet, zeigt mir, dass diese frage tatsächlich der hauptmotor in sämtlichen gruppendynamischen entwicklungen zu sein scheint. die notwendigkeit, die eigene identität zwischen allen stühlen endlich zu festigen bzw. zu errichten hat viele palästinensiche teilnehmer als dominant auf der konferenz erscheinen lassen. fast aggressiv empfanden viele, mich eingeschlossen die immer währenden fragen, aufforderungen und beiträge nach anerkennung der situation in der westbank und den flüchtlingslagern. das fast flehentliche verlangen nach anerkennung des schmerzes war keine gespielte propaganda und doch stieß sie auf eine wand von schmerzen auf jüdischer seite, da der konflikt um das land nun mal seine ganz realen auswirkungen auch auf die jüdische bevölkerung in israel hat und vergleichbar einzigartig jedes einzelne individuum trifft.

in den vergangenen konferenzen gab es auf der einen seite “die deutschen” und auf der anderen seite “die juden”. deutsch-jüdische teilnehmerInnen gab es nach berichten eher selten. das rollenbild schien mir aus den berichten, die mir zugetragen wurden, recht einfach in opfer und täter aufgeteilt zu sein. an dieser schwarz-weiss-zeichnung konnte dann wunderbar gearbeitet werden und wie ich schon berichtet habe, an diesem bild muss auch noch gearbeitet werden. bedarf ist da und einige jüdische und deutsche teilnehmer sind genau aus diesem grund zur konferenz gefahren.

durch die erweiterung der konferenz war die rolle der jüdischen teilnehmer komplett aus der schwarz-weißen welt katapultiert worden. opfer, täter, verteidiger, angreifer – sämtliche schattierungen in der tagtäglichen auseinandersetzung mit der realen welt fanden nun auch einzug in den mikrokosmos von zypern. die frau, deren eltern auschwitz überlebt hatten und die plötzlich einer tochter eines ns soldaten gegenüber stand, der in der region “gedient” hatte, aus der ihre eltern stammen, musste sich mit den anschuldigungen auseinander setzen, dass sie nun in einem dorf in israel lebt, das zuvor eine arabische siedlung beherbergte. der amerikanische jude, der noch nie in deutschland war und in seinen träumen den gleichschritt deutscher sa-truppen entsprechend der erzählungen seiner eltern hört, ertappte sich dabei, wie er immer mehr in die rolle eines verteidigers israelischer politik gedrängt wurde, obwohl es nicht die eigene ist. (symbolhafte beispiele).

israel, dass für viele juden der diaspora der inbegriff eines sicherheitsnetzes darstellt, ist für einige palästinenser genau das gegenteil. das zu hören schmerzt, vor allem weil es das – zugegeben nicht der realität entsprechende, romantisierte – bild von einer sicheren heimat, einem mutterschoß erschüttert. ich denke, dass einige, mich eingeschlossen, auf diese deutlichen worte nicht eingestellt waren. das soll nicht bedeuten, dass ich realitätsfremd bin und mich noch nie mit der situation der palästinenser auseinander gesetzt habe, jedoch war ich in diesem augenblick nicht darauf vorbereitet und hatte im warsten sinne der worte eine offene flanke.

an dieser stelle möchte ich betonen, dass ein vergleich zwischen den verbrechen der nazis mit der politischen situation in israel und palästina nicht angestrebt werden soll. dies ist nicht zulässig und für mich auch undenkbar. wenn wir beides vergleichen und gleichsetzen würden, können wir keinem gerecht werden. vergleichbar ist aber, dass wir uns beidem stellen müssen. die shoa kann kein “totschläger” sein, um sämtliche fragen hinsichtlich der aktuellen politischen lage um und in bezug auf israel zu umgehen und umgekehrt, darf die frage der palästinenser und deren zukunft nicht missbraucht werden, um die shoah zu relativieren. es beraubt vor allem die opfer ihrer menschlichkeit.

so wenig homogen die anderen gruppen auf der konferenz waren, so war es natürlich auch nicht die gruppe der jüdischen teilnehmer. wir wenigen jüdisch-deutschen teilnehmer zb. mussten uns den immerwährenden fragen stellen, warum wir in deutschland leben, warum juden aus russland lieber nach deutschland gehen. amerikanische juden mussten stellung zur politik von busch nehmen und religiöse und nicht religiöse juden hatten genügen gesprächsstoff über das fleisch auf dem buffet. …

eine woche nach der konferenz erhalte ich immer noch viele emails von teilnehmerInnen, persönlich an mich gerichtet oder in form einer rundmail. die auseinandersetzungen die wir hatten weichen einem verklärten “wir haben uns alle lieb”. das ist ein wenig schade, den damit verliert die konferenz an bedeutung und ausstrahlungskraft, die sie auf mich ausgeübt hat. vielleicht ist dies aber die abschließende lehre, die ich in bezug auf gruppendynamiken ziehen kann. am ende ist mehr schein als sein und jeder spielt eine rolle, die in den seltensten fällen mit der wahren identität in übereinstimmung steht. die frage nach dem “wer bin ich” steht vorher fest und ist nachher genauso unerschüttert, nur der gruppenzwang bringt alle dazu, sich mal kurzfristig aus den eigenen vier wänden zu begeben und eine rolle zu spielen. na dann, auf zum nächsten ringelpietz …

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