Category: Uni Potsdam (Page 2 of 3)

Botschaften

Gestern war der Israelische Gesandte Ilan Mor in der Uni. Die Uni und das AGK hatten zu einer kritischen Bestandsaufnahme anläßlich des 60. Geburtstag Israels eingeladen.

Wie kritisch eine Bestandsaufnahme durch einen Botschafter sein kann, kann sich sicher jeder denken. Es war eher eine, mit leicht kritischen Untertönen versetze Rede zur politischen Lage im Nahen Osten. Eine Verteidigungsrede. SCHADE.

Erstens, weil unnötig. Der größte Teil der anwesenden Studenten ist pro-Israel und hat einen recht guten Überblick über die politische Lage. Ich denke, dass eigentlich kaum einer die groben Linien in Israels Verteidigungspolitik bestreiten würde. Und Detailfragen lassen sich in einem solchen Forum eh nicht vernünftig diskutieren.

Zweitens: Israel ist mehr als nur der Konflikt mit den arabischen Nachbarn. Viele von uns versuchen gerade diese Reduzierung des Geburtstagskindes etwas entgegenzusetzen, in dem man über die vielen anderen Facetten Israels spricht. Eine kritische Bestandsaufnahme hätte durchaus viele andere Themen in den Vordergrund stellen können:

– Einwanderungspolitik

– Religion mit/gegen eine sekuläre Staatsordnung. Schafft Israel den Spagat?

– Verhältnis zur Diaspora

– Die immer größere Schlucht zwischen Reich und Arm. Sozialpolitik in Israel?

Ilan Mor hätte mit einer Ausweitung seiner Themen vielleicht einem interessierten Studentenkreis mehr bieten können, aber vielleicht ist es nach 25 Jahren als Diplomat für Israel tatsächlich so, dass die Verteidigung von Israels Verteidigunspolitik so in Fleisch und Blut übergegangen ist, dass man den Rest nicht mehr sieht, bzw. nicht erwartet, dass die Gesprächspartner mehr interessieren könnte?

Eine weitere Betrachtung findet Ihr bei Juval.

Uni Kurse

So, der erste Tag an der Uni ist vorbei und mein Stundenplan ist fest:

Montags: 

Uni: Modernes Hebräisch – Die Widerspieglung sozialer und ethnischer Aspekte in der gegenwärtigen israelischen Lyrik, Prosa und im Film 

The Amida – Liturgie

Jüdisches Eherecht 

Dienstag: 

Uni: Glaube und Glaubensbekenntnis bei Christen und Muslimen

Kolleg: Bible and Ethics

Practical Rabbinics

Chasanut

Mittwoch:

Uni: Übung zur Amida (diesen Kurs gebe ich zusammen mit einer Kommillitonin)

Einführung in die jüdische Religionsgeschichte: von den ältesten Zeiten bis zur Zerstörung des Zweiten Tempels (70 n. c. Z.)

Hebräische Quellen

Kolleg: IVRIT – Reading Stories from the Jewish Aggada

Donnerstag:

Kolleg: Shacharit

Jewish liturgy: Ethical and Ideological Aspects

Supervision / Psychologie und Seelsorge

Althebräisch

Freitag:

Kolleg: Halakha – from the Ancient Tanaitic Sources to the Shukkhan Aruch

Uni: Antisemitismus und Sozialismus

Wie Ihr seht, ist darf ich in diesem Semester viel zwischen Kolleg und Uni pendeln. Das gibt Zeit zum lesen und hält hoffentlich jung. 🙂 Der erste Tag war aber recht vielversprechend und ich freue mich ein wenig auf die Kurse.

Rückblick

die semesterferien gehen nun zu ende und rückblickend muss ich sagen, dass “vorlesungsfreie zeit” tatsächlich der bessere ausdruck ist. es ist einiges in den letzten wochen geschehen und von ferien war nicht immer etwas zu spüren. vielleicht bis auf die tatsache, dass ich morgens eine woche länger schlafen konnte.

in der nun folgenden zusammenfassung möchte ich zunächst mit wien beginnen.

Europäische Rabbinerin wien gab es ein zusammentreffen von rabbinerInnen und mitgliedern der progressiven gemeinden in ganz europa und aus den GUS-staaten. etwa 250 leute trafen sich. drei geiger studenten erhielten für die tagung eine einladung mit stipendium, so dass wir im grunde kostenfrei teilnehmen konnten. die tagung begann mit einer rabbinerkonferenz am vortag. für uns studenten war es ein idealer ort, um erste kontakte zu zukünftigen kollegen in ganz europa zu knüpfen, bzw. diese zu vertiefen (bild eins – ich bin ganz oben rechts noch gerade so zu sehen, leider haben nicht alle auf das bild gepasst).

es gab einen sehr interessanten shiur mit rabbiner rothschild, der der gastgebende rabbiner in wien war. die fragestellung, die er der runde stellte, lautete, wie weit die shoah bis heute das berufsleben von rabbinerinnen und rabbinern in europa dominiert. auf die spitze getrieben könnte man sagen, dass bis heute das jüdische leben geprägt ist, durch die, die ermordet worden sind. “es gibt immer jemanden, für den man jahrzeit sagen muss, es fehlen bedeutende lehrer, häufig fehlt die kritische masse, für einen minyan oder andere veranstaltung usw. – das handeln ist bestimmt, durch die, die fehlen”, so rothschild.

die reaktion darauf war, wie zu erwarten, ein bestimmtes “ja, aber…”. beeindruckt hat mich die reaktion von einem rabbiner – ich glaube er war aus ungarn -, dass die these von emil fackenheim, es gäbe ein 614 gebot, hitler nicht nachträglich gewinnen zu lassen, keine gültigkeit habe, denn dieses würde die definitionshoheit und die begründung für jüdisches leben in europa alleine darauf reduzieren. wir leben als juden nicht in europa, weil es hitler gab und wir ihm dadurch nicht nachträglich zu einem sieg verhelfen wollen, sondern weil wir hier leben und schon immer hier gelebt haben. es ist auch unsere heimat, auf die wir einen anspruch haben. und wir definieren selbst, wie, wo und warum.

mir ist in diesem zusammenhang wichtig, dass rothschild recht hat, wenn er sagt, dass uns lehrer, freunde, menschen fehlen, die uns in unserem leben hätten begleiten können, aber für eine neue generation, die wir rabbinerstudenten auch ausmachen, ist es wichtig zu schauen, was wir haben und wir haben etwas, was so keine generation vor uns hatte: wir sind Meine Geburtstagstorevernetzt mit hunderten von rabbinern und lehrern auf der ganzen welt. ja, uns fehlen progressive rabbinerInnen in berlin und in deutschland, die uns in unserer arbeit begleiten können, aber wenn wir fragen haben, können wir uns z.b. über internet schneller als jemals zuvor unterstützung holen. diese entwicklung ist zum glück unabhängig von hitler und es erstetzt nicht immer das persönliche gespräch, aber es ist ein schatz, der seine eigene strahlkraft hat.

die tagung ansich war geprägt von den üblichen vorträgen und der immer gültigen tatsache, das der vortrag, der workshop, in dem man selbst gerade war, der bessere war. es gab beeindruckende reden und langweilige reports, anregende gespräche und minuten, in denen man sich nach einem bett sehnte. wie schon im vorjahr hatte ich geburtstag während der tagung und wurde mit einer wunderbaren torte beglückt.

G'ttesdienstraum für den Shacharitsonntag früh hatte ich die ehre den shacharit leiten zu dürfen. ich habe hierzu einen siddur aus dem neuen amreikanischen siddur “mishkan tfila” zusammengestellt. es war das erste mal, dass ich mit dem neuen siddur gearbeitet habe und ich muss sagen, dass es viel spass gemacht hat. es gibt interessante texte und vorschläge für den G’ttesdienst. mehr zu dem neuen siddur könnt ihr hier nachlesen.

hier ein paar eindrücke aus wien:

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mein blog erlebte in den vergangenen wochen ein wahren höheflug als ich über die karfreitagsfürbitte geschrieben habe. über 700 views alleine für den ersten beitrag und knapp 2600 im ganzen märz. das war schon rekord. übrigens, mein beitrag erschien einige tage vor dem medienhype 🙂

tatsächlich hatte ich auch ein paar tage auszeit anschließend. diesmal waren ziele in deutschland angesagt: schwerin, hamburg, bad segeberg*, und münchen. zu den erlebnissen in bad segeberg werde ich morgen etwas im rahmen eines synagogentests schreiben. natürlich war ich auch wieder in hameln in “meiner” gemeinde. meine praktikumszeit dort nähert sich vorerst einem ende. im mai werde ich noch zwei mal dort sein. wie es dann weitergeht entscheident sich sicher bald.

(c) by Damaso Reese
(c) by Damaso Reese

derzeit versuche ich, meinen studienplan für die kommenden wochen zusammenzustellen, was definitiv keine leichte aufgabe ist. wir haben deutlich mehr kurse am kolleg, was die möglichkeiten, an der uni kurse in den lücken zu finden etwas einschränkt. zu dem ist in diesem semester das angebot in potsdam etwas eingeschränkter, so dass meine begeisterung momentan nicht so richtig durchschlägt. da ich mich aber im vorletzten semester des BA befinde, ist jetzt auch eher nur noch die pflicht angesagt. es gibt einfach noch ein paar kurse, die ich “absitzen” muss. leider. so viel für heute.

p.s.: vor knapp 4 wochen habe ich eine neue brille bekommen und es hat sage und schreibe bis montag gedauert, dass es jemand bemerkt hat. so schauen mich die leute an. 🙁 😉

synkretismus

endlich. eine weitere, kleine hausarbeit habe ich heute morgen abgeschlossen. thema: der islam in bengalen. im letzten semester hatte ich einen interessanten kurs an der uni zum thema synkretismus. gibt es vermischungen von religionen, was sind ihre wurzeln, ihre motivationen und was sind die ausprägungen? wann kann man überhaupt von synkretismus sprechen? synkretismus ist eigentlich ein aus dem griechischen altertum entlehntes wort. es beschreibt in seiner urbedeutung das phänomen, dass auf kreta sich die einzelnen dorfgemeinschaften zwar feindlich gegenüber standen, aber im fall einer äußeren bedrohung zusammenschlossen. im übertragenen sinne kann man also sagen, dass synkretismus ein zusammengehen von dingen beschreibt, die eigentlich nicht zusammengehören.

in der religionswissenschaft setzte sich der begriff dann als beschreibung von religionsverbindungen, mischungen und neugründungen durch. aber richtig definiert wurde der begriff nie so richtig. so ist es z.b. schwierig zu sagen, ob z.B. das christentum ein fall von synkretismus ist. das würde bedeuten, dass es einen zusammenschluss aus judentum mit der hellenistischen G’ttesvorstellung gab  (schwierig und man gerät leicht auf glatteis). ich würde eher von einer entwicklung einer strömung im judentum sprechen, die stark durch die hellenistische philosophie beeinflusst wurde.

beim islam sehe ich schon eher eine vermischung von religionen vorliegen. eindeutig wurden elemente der vorherrschenden religionen verwendet und zu etwas eigenständigem geformt. deutliches merkmal hierfür ist die beibehaltung verschiedener heilsfiguren aus dem gebenden religionen, die beibehaltung religiöser riten. typisches anzeichen ist auch, dass elemente der alten religion neu definiert werden, um den gläubigen den übergang zu erleichtern. beispiel hierfür ist das heiligtum in mekka, oder jerusalem als heilige stadt.

meine kleine arbeit [nachfolgend ein kleiner auszug] um den islam in begalen stellt nun einen fall vor, der eher kein beispiel von synkretismus ist. um sich stärker in indien ausbreiten zu können, übernamen islamische dichter die volksdichtung der hindus und wandelten diese in islamische literatur um, d.h. im stil der vorislamisch erzähltradition entstandenen islamische legendenerzählungen, gedichte usw.. an die stelle hinduistischer g’ttheiten und helden treten islamische helden und heilsfiguren.

Konkret bedeutet dies aber auch, dass die muslimische Dichtung die vorherrschende Traditionsliteratur ersetzen sollte und auch tat. Bemerkenswert ist, dass islamische Heilsgestalten in den Kontext lokaler Traditionen eingebunden werden und diese dann als Personen der eigenen bengalischen Geschichte / Mystik identifiziert werden. Asim Roy* nennt hier einige Beispiele für islamische Heilsfiguren, die in die neue Legendenbildung mit einbezogen wurden, z.B.:

A semi-historical person named Hanifā, believed to be a son of Ali, the Prophet’s son-in-law, became the center of many heroic and supernatural exploits, which people wished to hear. In close resemblance to the legend of the Bengal vaiṣnav leader Chaitanya (A.D. 1486-1534), an utterly fictitious story relating to the kidnapping and eventual rescue of Hasan and Husain, grandsons of the Prophet, found its way into the Muslim Bengali literary tradition.

Abu Jahl ist ein weiteres Beispiel für die Übernahme einer islamischen Figur, diesmal als Substitut für eine negative Gestalt aus der Vishnu-Tradition: Er tritt als Führer der Hindus auf, der in einer Geburtslegende um Mohammed versucht, diesen bereits vor, bzw. nach der Geburt zu töten. Die ganze Geburtslegende spiegelt hierbei bengalisches Brauchtum wieder und ist in die traditionelle Erzählkultur eingebunden. Durch diese Technik wurden islamische Figuren der lokalen Bevölkerung bekannt gemacht.

[…] The simplest device for making the figures of Muslim tradition known to the local people was to introduce them along with their Hindu parallels. The motive underlying this attempt was often to vindicate the Muslim hero, drawn into a comparative frame along with his Hindu counterpart. But the dominant object seemed to make both appear natural in the complex of the Bengali religious-cultural tradition. The great war between Ali and Jaykum, the infidel king of Iraq, was compared to those of Ram and the pāndavs of the Indian epics, […]

In einem weiteren Beispiel wird Ali, dem Neffe des Propheten, ein hinduistischer König namens Jaykum gegenübergestellt, vergleichbar den Schilderungen der großen indischen Epen. Ali ersetzt hier Ram (eine Inkarnation des Gottes Visnu), der in einem großen Kampf Ravna besiegt, bzw. die guten Krieger, die in den klassischen hinduistischen Erzähltexten geschilderten Kämpfen gegen „Heiden“ siegreich sind. Ebenso werden böse islamische Gestalten wie z.B. Iblis mit bösen Gestalten des Hinduismus in Verbindung gebracht:
Iblis of Muslim tradition found, though somewhat inappropriately, a parallel in Nārad of the Hindus.
Das hinduistische Konzept der Avatare, d.h. der Inkarnation von Gottheiten und Menschen hat einen einen Einfluss auf die entstandenen Erzählungen. Es erfolgt eine gewisse Gleichsetzung zwischen den „Vorgängergottheiten“ und islamischen Heilsfiguren. Um das theologische Dilemma, dass diese Heilsfiguren keine Gottheiten selbst sein können, übernimmt die islamisch-bengalische Literatur „nur“ die Aufgaben, die die Avatare in der vorislamischen Tradition hatten, nämlich eine aus den Fugen geratene Welt wieder in Ordnung zu bringen.

[…] The most significant part of the attempt to reduce the polarity between the endogenous and exogenous traditions relates to the anxiety of the mediators to bring the Prophet himself in line with the comparable symbols of the Hindu tradition. […] it was a mere logical extension of this position to regard and present Muhammad as „the incarnation of God Himself’ (Muhammad rup dhari nij avatār) and as „a manifestation of his own self” (nij amśa prachārilā). […] Such innovations could not but pose serious theological problems, which the mediators sought to resolve by reconstructing the Hindu myths and even creating new ones. The most obvious question concerned the avatāric incarnation of God, as noted above. It is interesting that while an attempt was made, on one hand, to reduce Muhammad to God’s own self, the Hindu avatār Krisna, on the other, was boldly de¬picted as God’s messenger; consequently, the entire attempt may be seen as one of achieving their object by interchanging the contents of the concepts of nabi and avatār.

* Textgrundlage :
Unter Auslassung der Fußnoten und mit Hinzufügung eigener Anmerkungen entnommen aus Asim Roy, The Islamic Syncretistic Tradition in Bengal, Princeton/New Jersey 1983, 87-110 (=Part II.A. The Syncretistic Great Tradition, Chap. 3. History-Myth.)

wie gesagt, das beispiel zeigt in meinen augen keinen gewachsenen oder gewollten synkretismus, sondern eine literarische umsetzung einer mission. bessere beispiele für synkretismus im bereich von religionen sind z.B. der manichäismus oder voodo (letzterer ist ein gutes beispiel für aus missonierungen entstandene religionsformen).

mal kurz

vielen von euch wird es auch gerade so gehen. das semester neigt sich dem ende zu und plötzlich stehen die klausuren und prüfungen vor der tür, mit denen man eigentlich noch nicht gerechnet hatte (war eben nicht noch anfang januar?). und während uns der jüdische kalender in diesem jahr mit dem schaltmonat adar I ein bisschen zeit gewährt, bis purim und pessach kommen (ja es sind freudige ereignisse und ich freue mich auch, aber zeit für die vorbereitungen brauche ich trotzdem), kommt der eine schalttag in dem bürgerlichen jahr für meine prüfungen zu spät. also habe ich gestern, heute und morgen insgesamt 6 leistungsabfragen in dieser woche und zwei nächste woche. immerhin kann ich dann sagen, dass der hauptstress vorbei ist und ich mich der hausarbeit, die auf mich wartet und einigen kleineren projekten, wieder zuwenden kann. vor allem aber kann ich wieder mehr hier in meinem blog schreiben.

danke für die geduld (hier etwas um die zeit zu überbrücken – bitte nicht an diesem blöden standbild stören, es ist wirklich ein gutes video)
[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=hYMRepK_aqw]

הַכְנִיסִינִי תַּחַת כְּנָפֵךְ

in unserem hebräisch kurs an der uni lesen und diskutieren wir poesi aus israel. natürlich auch gedichte von chaim nachman bialik – einer der nationaldichter israels. für mich eines der schönsten gedichte ist הַכְנִיסִינִי תַּחַת כְּנָפֵךְ Hakhnisini Tachat Kenafech. es ist ein verstörendes gedicht, das auf der einen seite sehnsucht nach geborgenheit ausdrückt, schutz unter den flügeln der schechina, aber auf der anderen seite große hoffnungslosigkeit und zerbrochenheit. die bekanntesten musikalischen interpretationen sind von arik einstein und rita … Continue reading

uni-frustrationen

nun hat uns also die uni wieder und das semester geht in seinen endspurt. irgendwie waren die zwei wochen pause dazwischen so richtig unpassend. zu lang, weil sie den schwung rausgenommen haben, den ich mir gerade mühevoll für die bewältigung meines studenten-alltags aufgebaut habe und zu kurz, um wirklich in der zwischenzeit was vernünftiges zu leisten. meine liste der dinge, die ich in diesen zwei wochen erledigen wollte war schier endlos und meine bilanz, einige wenige sachen habe ich zu ende gebracht, aber sehr viele so irgendwie nur halb. und leider auch zwei/drei sachen, die nun auf die nächsten “ferien” warten müssen. na mal schauen, ob trotz der nun bald anstehenden prüfungen, die eine oder andere arbeit fertig werden kann, so dass nicht die ganzen ferien zwischen den semestern vermiest werden.

seid beginn dieses semesters gebe ich ein tutorium für hebräisch anfänger an der uni – begleitend zu den vier paralell stattfindenden kursen mit ca. 120 studenten. dabei gilt für mich eigentlich der grundsatz, das ich auch nur mit einer studentIn da sitze und ihr/ihm meine volle aufmerksamkeit zuwende und die fragen zum unterricht beantworte. aber heute war ich doch recht frustriert, als – okay, es war der erste montag nach der ferien – leider nur eine studentin auftauchte. immerhin nehme ich die sache ernst, bereite mich vor, bleibe länger da usw. was mich dabei am meisten frustriert, dass für die, die regelmäßig kommen, das ganze auch frustrierend wird, da wir nicht kontinuierlich weiterarbeiten können. mein konzept vom anfang ist inzwischen auf der spitze von traumhausen gelande und erfreut sich dort der gemeinschaft von utopischen konzepten und wir fangen in jeder stunde wieder bei – na gut, nicht bei null, aber knapp dahinter an.

es ist mein erstes tutorium an der uni und montags um 17.00 uhr ist vielleicht spät und es scheint zu meiner ausbildung dazuzugehören, auch mal gefrustet zu werden, aber musste das heute sein?  naja. die uni hat uns wieder und das semster geht in den endspurt. vor den prüfungen wird das tutorium sicherlich voll werden und ich werde das mit den “binjanim der hebräischen verben” noch einmal in ruhe erklären…

zurück

Lubliner Burg, um sie befand sich bis zur Shoah der jüdische Stadtteilseid sonntag bin ich wieder zurück und es tut mir leid, dass ich noch nicht dazugekommen bin, von meinen eindrücken in lublin zu berichten. die ersten beiden tage in der uni haben leider/zum glück alle meine zeit konsumiert. zum glück, weil es mir die zeit gibt, über das erlebte zu reflektieren. das erlebte – und soviel kann ich jetzt vorab schreiben, ein längerer bericht folgt – hat tiefe eindrücke in mir hinterlassen, für die ich sehr dankbar bin. es war eine woche voller erfahrungen, trauriger, schlechter, überwältigender und auch fröhlicher momente. ich habe wunderbare menschen kennenlernen dürfen, die ich hoffentlich bald wiedertreffen werde und mir echte freunde geworden sind.

bitte lasst mir noch bis nächsten sonntag zeit, meinen bericht hier zu verfassen.

in knapp zwei wochen

geht das neue semester los und damit beginnt wieder der geregelte tagesablauf eines studenten. mein stundenplan wird diesmal sich mehrheitlich daran orientieren, lücken zu füllen, die zur ordnungsgemäßen erfüllung der studienordnung noch geschlossen werden müssen. so werde ich einen einführungskurs zur hebräischen bibel besuchen. da ich aber die dozentin kenne, bin ich mir sicher, nicht nur einen vortrag darüber hören zu müssen, wie man den tanach am besten in viele einzelteile zerlegen kann, bis von seiner besonderheit und wunderbaren zusammenfügung nichts mehr übrig bleibt und aus einer heiligen schrift eine banalität geworden ist. leider gibt es tatsächlich bibelwissenschaftler, die hier mit dem feingefühl einer abrissbirne vorgehen.

meine praktikumsgemeinde - entwurf der neuen synagogedas neue semester bringt aber auch eine wichtige neuerung in meiner ausbildung am geiger kolleg mit sich. ich habe eine praktikumsgemeinde, die ich als rabbinerstudent nun einmal im monat besuche. dort werde ich die G’ttesdienste und einen shiur leiten und bar-mitzwah-unterricht geben. dass ich mich sehr auf die praktischen erfahrungen freue, brauche ich nicht wirklich zu betonen. bereits zwei mal habe ich die gemeinde als gast besucht und bin sehr angetan von dieser offenen, lebendigen gemeinde. in regelmäßigen abständen werde ich hier über meine besuche berichten.

in der kommenden woche werde ich an einer studienfahrt nach lublin teilnehmen. unter dem titel “interruption and renewal of religious traditions” treffen sich studenten aus polen, den usa, israel und deutschland, juden und christen in dieser, für das jüdische leben vor der shoah so bedeutenden stadt. es wird zugleich mein erster besuch in polen überhaupt sein und ich bin sehr gespannt, was mich erwartet. auch hiervon werde ich berichten.

abschließend: meine lieben freunde, elina und marcin, heiraten motzei shabbat. auch auf diesem weg wünsche ich ihnen einen wunderschönen start in die ehe und alles glück und allen segen. mazal tov!

kippa

ich danke euch für die vielen kommentare zu meiner frage.

ausgangspunkt war, dass “another student rabbi” und ich darüber diskutiert haben, ob ein rabbiner, der an der uni lehrt, eine kippa tragen kann, oder nicht. man müsse bedenken, so ASR, dass die uni ja ein “neutraler” ort sei, an dem keine religiösen symbole durch institutionen der universität (d.h. auch ihre lehrkörper) in irgendeiner art und weise heurausgestellt werden dürften.

und dies ist im direkten vergleich mit dem kopftuchstreit in deutschland eine durchaus wichtige und korrekte betrachtung. eine muslimische lehrerin sollte kein kopftuch tragen und damit sollte auch ein jüdischer dozent keine kippa tragen. aber …

ist ein rabbiner ein “normaler” dozent? gehört nicht die kippa zu seiner amtskleidung. muss ein mönch seine kutte ablegen, wenn er an der uni lehrt? ich denke nicht. ich finde diese betrachtungsweise, die übrigens von einem weiteren rabbinerstudenten stammt, überzeugend. wenn der rabbiner eine lehrauftrag in seiner funktion als rabbiner erhält, verläßt die universität ihr neutrales terrain für eben jene veranstaltungen. studenten, die diese veranstaltung besuchen, wissen aus dem vorlesungsverzeichnis, dass hier eine – zumindest teilweise – einseitige sichtweise auf das judentum zu erwarten ist.

und wie ihr in euren kommentaren geschrieben habt, denke ich, dass der gleichheitsgrundsatz natürlich gewahrt sein muss, d.h. wenn die universität beschließt, für ein seminar “einführung in den islam” eine muslima aus der örtlichen muslimischen gemeinschaft einzuladen, so kann sie als funktionsträgerin natürlich auch, die für sie geltenden kleidungsvorschriften auch in der uni umsetzen.

zusammengefasst: funktionsträger darf, alle anderen nicht.

wie sehe ich mich jetzt selbst innerhalb der diskussion. also, ich trage in der uni kippa. immer. sie gehört zu meinem erscheinungsbild.  für mich gibt es – so meine eigene entscheidung – auch schon eine art “amtskleidung”, zu der auch die kippa gehört. und auch wenn ich an der universität nur ein student unter vielen bin, so bleibe ich trotzdem auch dort ein rabbinerstudent und werde auch als solcher wahrgenommen (ich möchte auch als solcher wahrgenommen werden, da ich es für wichtig halte, dass unsere ausbildung bereits wahrgenommen wird und andere studenten sehen, dass rabbiner nicht vom himmel fallen und sich auch das eine oder andere fach durchbeißen müssen …).

und es ist keinesfalls so, dass durch die rolle “rabbinerstudent/in” mir oder meinen komillitonen bevorzugungen oder ähnlichs zufallen. oftmals denke ich, dass der anspruch an uns eher höher ist. es gibt einen erwartungsdruck, dass wir alles, was mit dem judentum zu tun hat, bereits kennen. ich konnte keine hebräische grammatik vor meinem studium.

einige andere jüdische studenten entscheiden sich bewusst dafür, ihre identität als jüdinnen und juden an der uni zu verbergen, aus angst vor diskrimminierung, anfeindungen, aber auch um philosemitischen “angeboten” aus dem weg zu gehen, oder um bestimmten erwartungshaltungen weder erfüllen noch enttäuschen zu müssen. ich halte diesen weg für durchaus nachvollziehbar und verständlich, jedoch denke ich, dass er für rabbinerstudenten nicht der richtige sein kann. spätestens mit der ordination zur rabbinerin, zum rabbiner müssen wir den weg der öffentlichkeit bestreiten und dafür kann der einigermaßen geschütze bereich der universität ein guter übungsplatz sein.

in diesem sinne plädiere ich auch dafür, dass rabbinerstudenten kippa in der uni tragen sollten.

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