es wird dringend zeit, dass ich meine “testreihe” der berliner synagogen fortsetze.
zu erst ein kleiner nachtrag zum fränkelufer. inzwischen habe ich es auch geschafft, mal zum shacharit samstags dort zu sein. wie freitag abends ist die stimmung sehr angenehm. wenn ich nicht so weit weg von der synagoge wohnen würde, könnte ich mir gut vorstellen, dass ich dort öfter anzutreffen wäre.
leider ist die gemeinde nicht ganz so progressiv, wie ich es mir gewünscht hätte, frauen erhalten keine torah aufrufe, aber trotzdem habe ich den eindruck, dass sie hier definitiv einen großen anteil daran haben, dass die atmosphäre in der synagoge stimmt 🙂
ein lob noch für den jungen mann, der zum teil vorgebetet hat und aus der torah gelesen hat. ich meine mich zu erinnern, dass er joschi heißt. wenn ich sehe, wie gut er ist, weiss ich, dass ich noch einen langen weg vor mir habe. kol ha-kavod – meine ganze hochachtung an ihn.
nun zum hüttenweg. in den vergangenen wochen habe ich zwei mal den weiten weg in den berliner südwesten unternommen um dem jüngsten mitglied der union progressiver juden einen besuch abzustatten. der G’ttesdienst am freitag abend beginnt um 20.30 uhr und ist damit, zumindest in den wintermonaten der absolute ausreißer in der berliner gemeinde.
letzten shabbat haben wir, ganz unorthodox, wie es sich wohl auch für diesen fall gehört, das shabbatessen VOR dem synagogenbesuch gelegt, den eines wusste ich schon von meinem ersten besuch dort. vor 23.00 uhr ist man nicht wieder zurück in charlottenburg, wenn man nach dem G’ttesdienst noch ein wenig mit dem mitbeterInnen reden möchte.
der G’ttesdienst an sich ist kurz, eine gekürzte version der pestalozzi-straße. inklusive “predigt” ca. 45 minuten. okay, das ist im orthodoxen verhältnissen genau im zeitrahmen, aber im liberalen kontext bedeutet dies eine deutliche straffung. leider geht diese – so empfinde ich es – zu lasten der amida. selbst ein geübter leser schafft es nicht, sie komplett zu lesen. also lieber augen zu und ein bisschen meditieren und so die zeit nutzen um mit G’tt zu kommunizieren. ich denke aber, dass die stammbeter sehr an den ablauf gewöhnt sind und ihre kawanah finden. die ca. 60-70 beterinnen und beter beteiligen sich auf jeden fall aktiv und das ist in meiner bewertung ein echter plusspunkt.
was man deutlich in dieser gemeinde spürt, dass viele der mitglieder aktiv zu ihrem entstehen beigetragen haben und immer noch beitragen. dies ist keine gemeinde, in der nur konsumieren möglich ist. die zuschüsse durch die berliner gemeinde beschränken sich auf einen kleinen sokel, der durch die mitglieder großzügig ergänzt wird. jeder hat eine kleine geschichte zu den erfolgen und auch misserfolgen der gemeinde zu erzählen und wie die gemeinde aus den amerikanischen ursprüngen heraus entstanden ist.
man merkt auch, dass die beter dort eine echte betergemeinschaft bilden. das kann dazu führen, dass man vielleicht bei dem ersten besuch dort ein wenig verlassen rumsteht, jedoch wird sich das sicherlich mit dem zweiten oder dritten mal, an dem man dort ist ändern. wir wurden herzlich willkommen geheißen und der rabbiner hat sich viel zeit für uns genommen, so dass es mit sicherheit nicht mein letzter gang in den süden berlins war. bald ist ja wieder sommer und es wird sich viel “natürlicher” anfühlen, erst um 20.30 in die synagoge zu gehen.
mein fazit: eine echte, liberale, egalitäre, moderne mitmach-gemeinde, die eine echte alternative zu den innenstadtsynagogen darstellt. an den G’ttesdienstablauf muss man sich aber gewöhnen, vor allem, wenn man etwas traditionelleres gewohnt ist.
dicke 4 sterne von mir.
website: http://www.huettenweg.de