seit zwei tagen bin ich nun auf der konferenz in zypern. wir sitzen in einem bauhaus hotel abseits der touristenmeilen und größeren städte auf einem berg. auch wenn dieser berg kein vulkan ist, birgt dieser ort doch viel sprengstoff und kleine eruptionen gab es auch schon. das explosive gemisch entstammt nicht der natur, sondern den virtuellen rucksäcken, die ein jeder teilnehmer mitgebracht hat.
wie ich in einem vorherigen beitrag geschrieben habe, ist die konferenz eine zusammenkunft von mehrheitlich psychologen/sychotherapeuten und -analysten aus israelis, deutschen und palästinensern/arabern und anderen.
The Holocaust appears to have cast a very long shadow. Since the end of World War II Germans, Jews and Others in the West, Israelis, Palestinians and Others in the Middle East and, more recently, Westerners, Muslims and Others worldwide, have become embroiled in seemingly unstoppable cycles of inter-group hatred and violence. Are we doomed to repeat these destructive patterns endlessly, or is it possible to engage with the legacy of the past in a way that opens up the possibility of a better and more hopeful future? This experiential conference, the sixth of its kind, offers a unique space for exploring this question in relation to our world today.
die idee ist also, etwas überspitzt gesagt, man bringt gruppen, die in konflikten zu einander stehen zusammen und beobachtet, was passiert und versucht an seinem eigenen verhalten, oder dem des anderen, pozesse zu analysieren. und dann, in einem weiteren schritt, eventuell diese prozesse zu beeinflussen. für jemanden wie mich, der ein anderes berufsfeld hat ein wirklich spannendes experiment. und ich bin in freudiger erwartung auf die ergebnisse, wobei ich sehr skeptisch bin:
warum? es liegt meiner meinung nach an der zusammensetzung und den unklaren rollen, die jede gruppe und jeder einzelne einnehmen soll (erwartung) und einnehmen will (möglichkeit). vor allem halte ich in diesem speziellen fall die spezielle rolle, die “die deutschen” einnehmen (sollen und nehmen) und die ich einnehmen will/kann/zugeschrieben bekomm/muss. konkreter:
diese konferenz ist die 6.konferenz in einer serie. bis zur letzten war sie auf deutsch-israelisch-jüdische teilnehmer und damit themen beschränkt. mir wurde berichtet, dass man viele gute und wichtige ergebnisse erzielen konnte und das bedürfnis entstand, diese art von konferenz auch auf den palästinensich-israelisch/jüdischen konflikt ausdehnen wollte. man entschied, die eigene konferenzserie dafür zu öffnen.
interessant ist nun zu beobachten, was das zur folge hat: das große schweigen der deutschen teilnehmerInnen. der konflikt zwischen israel und den palästinensern ist so frisch, so stark, so präsent und in meinen augen auch so wichtig, dass er allem anderen keinen raum mehr lassen kann. und die hoffnung, die bei so vielen früheren konferenzteilnehmern mitschwingt, erfahrungen und ergebnisse aus dem jüdisch-deutschen konflikt übertragen zu können, erweisst sich als schwierig. stehen beide konflikte doch für sich.
ist es legitim, einen selbstmordattentäter und einen ss-offizier gleichzusetzten, wenn man entmenschlichung beschreiben möchte, oder arbeite man mit falschen bildern. ist das aufhalten von krebskranken kindern an einem checkpoint vergleichbar mit der sterilisation eines mannes mit down-syndrom. es gibt hunderte von diesen bildern auf dieser konferenz, vielleicht mehr als man ertragen kann und die frage ist, ob alle bilder nebeneinander existieren können, ohne an aussagekraft zu verlieren, der zu stark zu werden. hier viel der begriff “overloaded”. ich teile diesen eindruck.
eine andere frage die sich mir in vielfacher weise auch stellte, welche rolle “die deutschen” konkret einnehmen sollen und vielleicht auch dürfen. darf ein deutscher überhaupt ratschläge erteilen, darf er/sie seine/ihre erlebte “scham” transferieren? kann deutschland eine aktive rolle einnehmen? die frage soll ruhig provokativ aufgefasst werden: ist die jetzige generation an menschen, die in deutschland lebt schon so weit, etwas konstruktives beitragen zu können?
einige sätze zuvor habe ich geschrieben, dass die reaktion der deutschen teilnehmer “schweigen” sei, was als generelle aussage stimmt. im kleinen stimmt es aber nicht. es gibt sehr wohl beteiligungen und vor allem selbstreflektionen (von denen dieser bericht einer ist). eine deutsche teilnehmerin sagte, dass sie nichts im plenum sagte, weil sie juden keinen ratschlag geben will, wegen der vergangenheit gelähmt sei. “gut” kann man darauf sagen. ich meine aber schade. es ist für mich ein zeichen, dass die öffnung der eigenen konferenz zu früh war. ratschläge von deutschen an juden haben immernoch einen “merkwürdigen” beigeschmack für juden und auch umgekehrt.
es wäre es wert gewesen, daran weiterzuarbeiten und keinen schlussstrich mit der einladung eines neuen konfliktes unter die eigene auseinandersetzung zu ziehen. und es wäre dem beginn einer ersten aufarbeitung des konfliktes in israel und palästina um ein vielfacheres angemessen und fairer gewesen, nicht mehr als die hälfte der teilnehmer in ihrer rollenfindung gefangen zu halten.
keine ahnung, wohin die reise in den nächsten tagen führt. vielleicht werden meine nächsten erfahrungen die ersten entkräftigen und zeigen, dass die, die die ideefür diese koferenz hatten, recht hatten. vielleicht aber auch nicht. aber eine erste bilanz zeigt, dass ich auf jeden fall einiges an erfahrungen gewonnen haben werde.
ps.: meine tastatur spinnt leider, so dass sich einige fehler mehr als sonst eingeschlichen haben könnten. und p.s.s.: mein koffer ist wieder da.
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